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Südseeatoll Hao

Nach Amanu sind wir die kurze Strecke ins benachbarte Atoll Hao gesegelt, um hier weiter auf ein Wetterfenster zu warten, um zu den Gambier-Inseln im SO zu segeln. Seit Anfang Dezember sind wir nun schon unterwegs. Aber eine mehrtägige Phase mit mäßigem Wind aus N-NW will sich nicht einstellen.

Navy Dock

Aus der Zeit des französischen Militärstützpunktes gibt es einen kleinen Militärhafen in dem wir kostenlos an der Kaimauer festmachen dürfen. Es soll hier Ratten geben. Die haben wir nicht gesehen, jedoch einige geschundene und ausgehungerte Straßenhunde. Unangenehm.

Nähen

Auf MariaNoa gibt es immer etwas zu reparieren. Die unbarmherzige Sonneneinstrahlung hat das Nahtmaterial in der Persenning über dem Steuerstand schlichtweg aufgelöst. Mein erstes Großprojekt mit meiner Nähmaschine Sailrite. Gut, dass die Persenning bei dem Orkan auf Amanu nicht schlicht davongeflogen ist.

Tanken

Wir benötigen 140 Liter Diesel. Das Versorgungsschiff ist lange nicht auf Hao gewesen. So bekommen wir in den Supermärkten JoJos und Otepa leider abschlägige Informationen. Im kleinen Magasin Tia allerdings gibt es glücklicherweise noch Restbestände. 140 Liter werden zum Liegeplatz geliefert und in Kanister abgefüllt.

Flughafen Hao

Der Flughafen Hao liegt rund acht Kilometer nordwestlich des Hauptortes Otepa. Die ungewöhnlich lange Landebahn wurde gebaut, damit große Transportflugzeuge für den Transport der Materialien für Atomtests landen können. Heute wird der Flughafen nur noch zivil genutzt. Der Flughafen Hao diente 1981 – 2011 zusätzlich als Notlandebahn für das NASA Space-Shuttle.

Unweit gibt es einen resigen Schiffsanleger. Für die aktuell größten Schiffe, die Hao anlaufen, reicht es aus nur einen kleinen Teil in einem gepflegten Zustand zu halten.

Otepa

Im Hauptort Otepa leben ca. 1.000 Menschen. Wir besuchen den örtlichen Gendarmen aus Frankreich, um ordnungsgemäß einzuklarieren. Am örtlichen ATM füllen wir unsere Bargeldbestände auf. Der ATM in den Gambier-Inseln soll öfter mal nicht bestückt zu sein.

Am Sonntag gehen wir erneut zum Gottesdienst. Uns begeistert vor allem der Gesang und die Zwanglosigkeit der Gemeinde. Wie in anderen Ländern bleiben jedoch viele Bänke leer. Nach einer Stunde verlassen wir allerdings den Gottesdienst – das dauert uns einfach zu lang. Stunden später kommen wir noch einmal an der Kirche vorbei. Es findet gerade ein Jugendgottesdienst statt. Das Engagement der Gemeinde sowie des örtlichen Pfarrers ist enorm.

Unweit unseres Liegeplatzes ist unter Zelten festlich gedeckt und ca. 100 Menschen kommen plötzlich zusammen, um fröhlich und mit herrlicher Musik zu feiern. Wir fragen, ob dies öffentlich oder privat sei und werden herzlich auf das Gelände gebeten. An der Bar ordern wir zwei Bier. Als wir bezahlen wollen, werden wir darauf hingewiesen, dass alles kostenlos sei. Unsere Verwunderung steigt. Später erzählt uns ein freundlicher, später etwas aufdringlicher Polynesier, dass der örtliche Elektriker in Rente geht und einen ausgibt. Leider lernen wir unseren Gastgeber nie kennen – wir sind also doch ungewollt zum Party-Crasher geworden.

Unser Interesse gilt vor allem den Magasin – den Supermärkten. Die beste Auswahl hat JoJo`s und wir stocken unsere Bestände kräftig auf. Ab 10.000 XPF wird kostenlos ans Boot geliefert. Kein Problem für uns, denn die Preise sind so absurd, dass wir ungewollt in ganz anderen Größenordnungen unterwegs sind. Das Versorgungsschiff Nukuhau legt lang ersehnt in Otepa an. Emsig werden alle möglichen Versorgungsgüter entladen. Container, Baumaterialien, Treibstoff und, was uns besonders interessiert, Lebensmittel. Plötzlich sind die Gänge im JoJo`s vollgestopft mit gerade eingetroffenen Lebensmitteln. Frische Dinge, wie Früchte und Gemüse, gibt es allerdings weiterhin nicht. Dafür ist die Nukuhau von Tahiti aus einfach zu lange unterwegs.

7 Meilen südlich von Otepa gibt es eine Riffnase an den Moti im Osten. Wir verholen hier her, nachdem wir alle organisatorischen Dinge auf Hao erledigt haben. Während in Otepa alles an die militärische Vergangenheit erinnert, steht hier wenige Meilen entfernt die Natur wieder im Vordergrund. Während unseres Landgangs stoßen wir immer wieder auf nicht mehr genutzte Schotterstraßen. Die Natur holt sich die Spuren der menschlichen Nutzung wieder zurück.

Wetterfenster

Und dann ist es plötzlich doch da – das Wetterfenster. Eigentlich ist es gar kein echtes Wetterfenster mit einem Zeitraum von mindestens vier Tagen, in denen der Wind mäßig aber vor allem von Achtern bläst. Es ist aber wenigstens ein solcher Zeitraum, in dem wir den Wind nicht genau auf die Nase bekommen. Zwischen Hao und den Gambier-Inseln ist schlichtweg Flaute angesagt. Dank moderner Common Rail Technik und einem Durchschnittsverbrauch von 2,1 l/h ist es uns möglich solch eine Strecke von 465 nM bei vollen Tanks unter Motor zurückzulegen ohne Gefahr zu laufen, dass uns der Sprit ausgeht. Natürlich gilt das nur bei flacher See und keinen signifikanten Winden. Genau das melden uns die Wettervorhersagungen.

Zusammen mit unserem Bodyboat Haley brechen wir auf, um die Slacktime im Kaki Pass zu erwischen. Zeitlich klappt das nicht ganz – der Pass ist aber unproblematisch. Noch weht segelbarer Wind und wir setzen Fock und Groß, um westlich des Atolls Kurs Süd zu gehen. Haley verfügt über einen Code 50 und zieht uns schnell davon. Unseren Parasailor können wir aufgrund der Windrichtung nicht einsetzen. Hier entsteht der Wunsch nach einem Gennacker, um bei schwachen Winden von Achtern einfach effektiver unterwegs zu sein.

Am zweiten Tag lässt der Wind weiter nach. Abwechselnd eine Maschine hält MariaNoa in Bewegung. Mit einer Maschine, unterstützt durch etwas Wind und uns wohl gesonnener Strömung sind wir weiter mit 5 kn unterwegs. Nachts läuft die Steuerbordmaschine, damit wir Backbord schlafen können. Tagsüber läuft dann die Backbordmaschine, damit ein ausgeglichener Dieselverbrauch gewährleistet werden kann.

Am vierten Tag frischt der Wind wieder auf. Leider kommt er nun von vorn und macht uns das Leben schwer. Auf den letzten 100 nM laufen daher beide Maschinen mit 1.800 rpm. Mit Vorsegel können wir 30° Höhe laufen, ohne Vorsegel, also nur mit dem Groß, auch darunter. Die Segel sind dabei so dicht geknallt, wie ich es noch nie getan habe. Manchmal ist es auch schlicht besser, die Segel vollständig einzuholen.

Wir erreichen die Gambier-Inseln mitten am Tag und bei besten Bedingungen. Entlang eines zr Verfügung gestellten Tracks schlängeln wir uns in die Anchorage vor Rikitea und gehen glücklich vor Anker. Wir haben es doch noch geschafft.

Atomtests

Von 1966 bis 1996 wurden auf Mururoa insgesamt 188 Atombomben gezündet, davon 41 in der Erdatmosphäre und 147 unterirdisch. Der erste oberirdische Kernwaffentest fand am 2. Juli 1966 unter dem Codenamen „Aldébaran“ statt.

Mururoa „großes Geheimnis“ ist ein unbewohntes Atoll im Südpazifik, das seit 1966 als Kernwaffentestgelände Frankreichs bekannt wurde. Es besteht aus 148 km² Lagune und 15 km² Landfläche.

Mururoa befindet sich im Südosten des Tuamotu-Archipels, der zu Französisch-Polynesien gehört.

Am 7. September 1995 führte eine weitere, ungeachtet internationaler Proteste gestartete Testserie Frankreichs zu schweren Unruhen auf Tahiti. Nach weltweiten Protesten werden die Explosionen inzwischen am Computer simuliert. Im Jahr 2000 zogen die Franzosen von dem Atoll ab. Bis heute ist Mururoa ein Sperrgebiet. In rund 140 Bohrschächten lagern dort große Mengen radioaktiven Abfalls.

2020 veröffentlichte das französische Nationalinstitut für Gesundheit und medizinische Forschung eine Studie bezüglich langfristiger gesundheitlicher Auswirkungen der Atomtests: Die Studie konnte abschließend keine signifikanten Auswirkungen auf die Gesundheit der örtlichen Bevölkerung feststellen, gab aber zu bedenken, dass aufgrund mehrerer Faktoren (so etwa mangelndes Wissen über den durchschnittlichen Gesundheitszustand der Einwohner, besonders hinsichtlich chronischer Erkrankungen wie Krebs, oder Unklarheit über die Stärke der Strahlungsexposition besonders bei geringeren Strahlendosen) nach dem derzeitigen Wissensstand kein repräsentatives Ergebnis zu erzielen sei.

Die verstrahlte Vergangenheit von Hao

Dreißig Jahre – von 1966 bis 1996 – haben die Franzosen auf Moruroa und Fangataufa fast 200 Atomwaffentests unternommen. Über vierzig davon waren oberirdisch. Hao, keine 450 Kilometer entfernt, wurde zum militärischen Hauptquartier ernannt. Hier wurden die Atombomben zusammengebaut.
Das Militär baute Straßen und eine Landebahn; hat ein Hafen angelegt, der heutige Liegeplatz von MariaNoa. Es soll sogar einen Nachtclub mit Tanz bis in den Morgen, einen Swimming-Pool und ein Kino gegeben haben.
„Die Versuche sind sauber“, hat Frankreich damals den Polynesiern versichert. „Fernsehstrahlung ist gefährlicher“, wurde ihnen beteuert. Angelockt durch diese Versicherungen und gute Verdienstmöglichkeiten kamen die Einwohner der Nachbarinseln nach Hao geströmt. Aus wenigen Hundert Einwohnern wurden dreitausend. Eine Hälfte waren Angehörige des Militärs, die andere Hälfte Polynesier. Die Inselbewohner gaben ihre Kokosernte auf und arbeiteten beim Militär als Monteur, Fahrer oder Reinigungskraft.
Wenn die Schiffe und Flugzeuge nach der Zündung der Bomben zurückkehrten, wurden sie auf Hao gereinigt. Die Flugzeuge waren zuvor durch die radioaktive Wolke geflogen, um Messungen vorzunehmen. Gereinigt wurde in kurzer Hose und T-Shirt.

Auf Moruroa gab es außerhalb des Sperrgebietes eine Zone, in der die Angestellten Fußball spielten, Kanu fuhren und in der Lagune badeten. Immer wenn eine Bombe gezündet wurde, flüchtete das Militär zusammen mit den einheimischen Arbeitern auf Schiffen aufs offene Meer. Bei der Rückkehr räumten die Polynesier in einfachen Overalls die Trümmer an die Seite, während die Soldaten in Schutzanzügen unterwegs gewesen sein sollen.
Der ‚Fallout‘, der radioaktive Regen, der oberirdisch gezündeten Bomben reichte bis Tahiti – über tausend Kilometer entfernt und bei ungünstigem Wind sogar bis Gambier, entgegen die vorherrschende Windrichtung.
Entsprechend hoch sind noch heute die Fälle an Leukämie und Schilddrüsen-Krebs. Strahlenverseuchte Menschen kamen erst ins Militär-Hospital nach Tahiti und dann zur Strahlenbehandlung nach Paris – aber von dort kehrten sie nicht zurück. Jahrelang mussten Erkrankte ihre Verseuchung beweisen.

Nach Beendigung der Atomwaffentests zog das Militär Ende der 90er Jahre aus Hao ab. Lastwagen, Maschinen und andere Gerätschaften sollen über dem Außenriff mit Hubschraubern abgeworfen worden sein. Für uns klingt das glaubwürdig. Beim Tauchgang auf der Rückseite des Hafens sind wir sogar in der Lagune auf viel Schrott gestoßen.

Die Franzosen sind wieder weg, geblieben sind knapp über tausend Einwohner auf Hao, die wieder von der Kokosnuss-Ernte leben, in der Verwaltung arbeiten oder arbeitslos auf den monatlichen Scheck aus Frankreich warten.

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