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Die erste Nachtfahrt

  • Beitrags-Kategorie:Kanaren
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Nach unserem missglückten Ankermanöver vor La Graciosa im März hatte Brigitta bereits ihre erste Nachtfahrt zur Marina Rubicon. Neu auf dem Schiff war sie aber hauptsächlich in die Koje abgetaucht und hatte vor allem gehofft, dass der Krach und das Gescheppere bald aufhören möge. Ich selbst hatte auf dem Überführungstörn von Les Sable nach Lanzerote bereits 10 Nachtfahrten unter Expresstempo erlebt. Bei allen anderen Passagen entlang und zwischen den Kanarischen Inseln hatten Brigitta und ich immer darauf geachtet, dass diese möglichst bei Tageslicht stattfanden. Teilweise waren wir noch vor Sonnenaufgang gestartet, nie aber in die Nacht hinein oder durch sie hindurch gesegelt. Da nun demnächst der 6-Tagestörn zu den Kapverden ansteht, wollten wir das Nachterlebnis einmal üben.

Unser Weg führt von San Miguel auf Teneriffa nördlich La Gomera entlang nach Tazacorte auf La Palma. Ein 85 Meilentörn – bei einer kalkulierten Durchschnittsgeschwindigkeit von 5 kn 18 Stunden lang. Predict Wind prognostiziert leichte Winde südlich von Teneriffa, ein ausgeprägtes Flautengebiet zwischen Teneriffa und La Gomera, dann moderate Winde (ca. 14 kn) rüber nach La Palma um in dessen Landabdeckung wieder motoren zu müssen. Entgegen anderen Fahrten bisher, auf denen es eigentlich immer (wesentlich) heftiger kam als geplant, stimmt die Wettervorhersage ziemlich genau.

Ableger

Wir starten gegen 17:00 Uhr mit Hilfe des Stegnachbarn, der uns die Leinen löst. Ich halte MariaNoa bei üblich heftigen Winden so lange stabil im Hafenbecken bis Brigitta Leinen und Fender aufgeklart hat – ziemlich viel Arbeit für eine Person. Direkt vor der Hafeneinfahrt können wir die Segel setzen, das Gross im 1. Reff, das hat sich bewährt. Bei erstaunlich niedrigen Wellen schiebt uns der Wind um die Südspitze von Teneriffa in das erwartete Flautengebiet.

Unter Motor

Die Sonne geht gegen 21:00 Uhr vor uns unter. So motoren wir in die Nacht. Zwecks Spritsparen nur mit der Backbordmaschine. Wolken- und Mondlos erscheint das Firmament mit Großem Wagen und Milchstraße, mit Satelliten und Sternschnuppen über uns. Immer wieder ein spektakuläres Erlebnis. Der Kartenplotter wird in den abgedunkelten Nachtmodus geschaltet, damit er nicht so blendet. Zusätzlich gibt es den Handtuchtrick. Ein Handtuch, das ich kurzfristig über die Instrumente lege, um noch besser ohne Lichtsmog in die Sterne sehen zu können. Nur noch das Navigationslicht im Masttop sowie eine Rotlichtlampe am Kartentisch – sonst wohltuende Finsternis. Ach, und unsere Solar-Lampionkette am Gemüsenetz, die hin- und herschaukelnd ein gemütliches Licht abgibt. Bei Bedarf geben Stirnlampen Licht. Bei nahezu glatter See – wie ungewohnt auf den Kanaren – geht es Kurs 300° Richtung Nord-West. Da wir inzwischen so manche Meile zusammen bei wesentlich anderen Bedingungen gesegelt sind, sitzen wir ganz entspannt zusammen auf der Bank am Steuerstand oder im Cockpit, essen und trinken eine Kleinigkeit und sehen hinaus auf das gurgelnde Wasser hinter uns. Abwechselnd kleine Power Napps im Salon tragen zur Entspannung bei. Übrigens tragen wir unterwegs generell Rettungswesten und picken uns nachts außerhalb des Cockpits ein.

Unter Segeln

Etwas früher als erwartet setzt noch vor der Nordküste von La Gomera ein moderater Wind – 12-16 kn – ein. Brigitta hat gerade etwas geschlafen und ich will sie nicht stören. Schlaf ist in unserer ersten gemeinsamen Nachtfahrt aber immer nur kurzzeitig. So nutzen wir die Gelegenheit als Brigitta sich zurückmeldet, um die Segel zu setzen. Segelmanöver immer nur gemeinsam. Hierzu werfen wir beide Motoren an, drehen MariaNoa in den N-Wind und heißen das Groß bis ins erste Reff. Beim Abfallen wird auch die Selbstwendefock gesetzt. Die Dirk hakelt noch etwas mit dem Segel und muss gefiert werden. Liegt der richtige Kurs an und sind die Segel einigermaßen ordentlich getrimmt, werden die Motoren, die immer noch auf standby mitliefen, ausgeschaltet. Mit ca. 5 kn geht es bei 12 kn Wind dahin, es ist herrlich, die Wellen niedrig. Ein stetiger Amwindkurs treibt MariaNoa voran. Als wir der Nordküste von La Gomera unnötig nahekommen, fahren wir zwei Wenden. Außer dem Rauschen der Heckwelle ist nichts zu hören. Unvorschriftsgemäß fahren wir zusätzlich das Dampferlicht. Es leuchtet die Segel an, die wir so besser kontrollieren können. Außerdem sind wir besser sichtbar – die Frage bleibt nur: für wen?

Als wir die Nordküste von La Gomera erreichen, dreht langsam der Wind auf NO. Wir haben halben Wind also wird der Traveller 30 cm nach Luv verschoben und die Großschot gefiert. Der Kurs kann nahezu unverändert beibehalten werden und führt uns mit leicht zunehmendem Wind (16 kn) zur Südspitze von La Palma. Perfekte Segelbedingungen. Kein anderes Schiff weit und breit. Eine Fähre legt gegen 03:00 Uhr von La Palma ab – komische Uhrzeit.

Schlafen

Um so später es wird, um so ausgeprägter wird das Bedürfnis nach Schlaf. So kann sich erst Brigitta, dann ich, dann wieder Brigitta für je 1 ½ Stunden in den Salon zurückziehen, immer in Rufbereitschaft. Erholsam ist das nicht, aber für eine Nachtfahrt ohne Wacheinteilung geht das erst einmal vollkommen in Ordnung. Wir orientieren das Recht auf Schlaf am jeweiligen Bedürfnis. Das ist für diese Nacht erst einmal okay, für spätere Nächte muss eine strikte Wacheinteilung her. Wir diskutieren 22.00 – 06.00 Uhr 2 Stunden Wachen und tagsüber einen 4 Stunden Rhythmus. Mal sehen.

Sonnenaufgang

Kurz vor der Südspitze von La Palma geht hinter uns die Sonne auf. Irgendwie ist das Tageslicht doch sehr erleichternd, der Mensch ist von seinem Hauptsinnesorgan den Augen sehr abhängig. Aus bisherigen Erfahrungen erwarten wir vor der Insel noch einmal eine Düse. Wahrscheinlich Tageszeitbedingt bleibt diese nahezu aus, nur hinter der Landzunge frischt der Wind kurzfristig auf 20 kn auf und MariaNoa beschleunigt genauso kurzfristig auf 7 kn. Kurz danach nehmen wir in der Landabdeckung die Segel herunter und motoren die letzten Meilen nach Tazacorte, wo wir vor der Hafeneinfahrt vor Anker gehen. Wir sind eine Stunde früher als geplant am heutigen Ziel und fallen, nachdem das Schiff versorgt ist und wir etwas gegessen haben, müde aber zufrieden in unsere Kojen.

Resumèe

Generell ziehen wir ein positives Resumèe unserer ersten gemeinsamen Nachtfahrt. Die Wetterbedingungen haben es uns leicht gemacht. Übertragen auf 6 aufeinanderfolgende Nächte muss aber das oben besprochene oder ein anderes Raster für eine Wacheinteilung her, damit wir die Fahrt auch gemeinsam genießen können.

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