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Amanu | Orkan > 60 kn

  • Beitrags-Kategorie:Pazifik
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Das gebrochene Großfall hat uns ein wichtiges Wetterfenster auf unserer Reise zu den Gambier Inseln gekostet. Anstatt einen erheblichen Schritt nach SO voranzukommen, waren wir eine Woche in Tahanea und haben erfolgreich aber Zeit raubend das Fall repariert.

Wetterfenster

Nun gibt es ein neues Wetterfenster mit Wind aus NW und wir brechen auf Richtung Hao bzw. Amanu. Bevor wir erneut auf dem Schiff zur Unbeweglichkeit eingeschlossen sind, machen wir einen Ausflug auf den direkt vor uns liegenden Moti.

In Fakarava haben wir ein Floaty verloren. Ein Floaty ist eine Hartschalenboje, die den Perlenfarmern zur Markierung der Perlenkolonien diente. Sie liegen zu Hunderten auf den Moti ungenutzt umher. Wir freuen uns über einen Dreierpack und schleppen sie auf MariaNoa zurück.

Squals

Die zwei Nächte und einen Tag dauernde Reise wird immer wieder durch s.g. Squals unterbrochen. Vor der Gewitterzelle frischt plötzlich der Wind auf. Es ist nicht ganz so extrem wie auf unserem Weg von Tahiti zu den Tuamotus, dennoch erreicht das Windmessgerät gefährlich schnell die Grenzwerte der Refftabelle und damit der Belastbarkeit des Rigg.

Fafameru Pass Amanu

Die Entscheidung ob wir Hao oder Amanu ansteuern, ist uns schon vor Tagen genommen worden. Ein Orkan bewegt sich rasend schnell auf uns zu. Schutz vor Starkwind aus NW finden wir für unsere MariaNoa ggf. in Amanu, keinesfalls in Hao. Früh morgens ist Slack Time und wir sind noch 70 nm entfernt. Wir schalten beide Motoren hinzu, um rechtzeitig die Passage ins Atoll zu terminieren. Der Katamaran Halley hatte am Abend die Slack Time verpasst und war die gesamte Nacht außen um das Atoll getingelt. Nun trifft sie gleichzeitig mit uns vor der Passeinfahrt ein. Der Wind drückt seit Tagen die Brandung auf die Einfahrt – die Wellen sind riesig. Das ablaufende Wasser hat sich sichtlich verspätet und zeigt die stehenden Wellen noch meilenweit aufs offene Meer hinaus. Die Halley geht es dennoch an und bleibt sprichwörtlich im Passat stecken. Gegen die noch anhaltende Strömung von 6 kn kommt die Halley bei full power nicht an. Die Halley steht auf der Stelle und schafft erst nach geraumer Zeit sich zu befreien.

Uns ist klar: wir warten mindestens noch eine Stunde bevor wir unseren Versuch starten. Allerdings liegt uns der Orkan im Nacken. Wir beobachten, dass die standing waves außerhalb des Passes immer kleiner werden und wagen unsere Passage 1 ½ Stunden später. Wir haben keine Strömung mehr im Pass und nehmen direkt Kurs auf die Anchorage im Nordwesten.

Emergency Anchorage

Im zweiten Versuch finden wir Schutz hinter einem Motu mit hohen Palmen. Während es bei uns noch recht ruhig ist, beobachten wir, dass der Orkan nur wenige hundert Meter von uns entfernt ist. Alle losen Dinge werden von Deck geschafft, der Zweitanker vorbereitet. Als der Orkan dann losbricht, messen wir trotz geschützter Lage über 40 kn. Eine Nachbaryacht hat die Abdeckung des Motu falsch eingeschätzt und wird von bis zu 63 kn Wind getroffen. Dennoch halten die Anker.

Als der Wind nach 3 Tagen langsam nachlässt, regnet es weiter wie aus Kübeln. Eine kurze Regenpause nutzen wir, um uns etwas die Beine zu vertreten. Eine Woche ohne Solarertrag bringt unsere Batterien an ihre Grenzen und unseren neuen Generator zum wiederholten Einsatz.

Horseshoeanchorage

Als die Sonne endlich wieder scheint, verholen wir in die s.g. Horseshoeanchorage in der Nähe des Dorfes. Hier wohnen ca. 100 Einwohner. Wir können Wäsche waschen, schnorcheln und uns vom Stress der letzten Woche erholen.

Star Anchorage

Mitten im Atoll liegt die Star Anchorage. Ein Riff in Form eines Dreizack Bumerangs. Hier ist eigentlich nur Platz für ein Schiff. Um auf engstem Raum unkontrolliertes Schwoien zu vermeiden, bringen wir unseren 20 kg Delta als Heckanker aus. Das Schnorcheln bietet einige Besonderheiten. Wir sehen die ersten Weichkorallen sowie jede Menge Weihnachtsbaumwürmchen.

Der Wurm selbst ist meist gar nicht zu sehen. Denn er lebt in kleinen Gängen innerhalb der Koralle. Dort kann er bis zu 40 Jahre lang überleben. Das einzige Zeichen seiner Existenz sind die zwei bunten Kegel, die immer wieder aus der Koralle herausragen. Sie sind die Kiemen der Tierchen und ermöglichen es ihnen, Plankton aus dem Wasser zu filtern. Ihre einzige Nahrungsquelle. Die hochsensiblen Bäumchen vermelden es sofort, wenn sich die Wasserströmung ändert, und der Wurm zieht seine bunten Tentakeln in seine Höhle zurück.

Der Moment, wenn das Würmchen seine Weihnachtsbaum-ähnlichen Kiemen aus- und wieder einklappt, kann schon ausgelöst werden, indem mit der Hand etwas Wasser in Richtung der Tierchen gefechelt wird.

East Anchorage Amanu

Nach dem Orkanartigen Stürmen aus NW gibt es einen Tag mit gemäßigten Winden aus der gleichen Richtung. Wir hätten sofort aufbrechen müssen und wären zwar mit viel Regen aber gut zu den Gambiers gekommen. Irgendwie stehen wir aber noch unter Schock und brauchen etwas Erholung und Besinnung.

Kurz danach kommt der vorherrschende Wind aus Ost und wenn wir etwas Schutz vor Wind und Schwell suchen, müssen wir uns einen geeigneten Ankerplatz im Osten von Amanu suchen. Dieser Ankerplatz ist bezaubernd. Die Landschaft ist ausgesprochen abwechslungsreich und pittoresk. Sie lädt zu kleineren und längeren Spaziergängen ein.

Shopping

Wenn ich in Deutschland einkaufen will, springe ich ins Auto, parke direkt vor dem nächsten Supermarkt und bin je nach Volumen des Einkaufs nach einer halben bis ganzen Stunde zurück. Die Waren sind frisch, zu jedem Produkt gibt es Alternativen, man bekommt alles und zu fairen Preisen und meist kauft man mehr als geplant.

Hier in Amanu heißt es erst einmal Anker lichten und 1 Stunde lang quer durchs Südseeatoll Richtung Ikitake fahren. Die Wellen vorm Ort sind heute so intensiv, dass ein Ankern vor dem Ort misslingt. Wir weichen erneut in den s.g. Horseshoe aus. Von der Idee mit dem Dingy direkt ins Dorf zu fahren, wird uns abgeraten. So machen wir einen weiten Bogen und suchen unseren Weg übers Flach direkt an Land. Teilweise ist das Wasser so flach, dass wir aussteigen und das Dingy ziehen müssen.

An Land finden wir bald eine Kokosnussfarm und von dort einen Weg ins Dorf. Berühmt für das 100 Seelen Dorf Ikitake ist der Bürgermeister. Schon sein Vater war hier Bürgermeister, ging aber auf See zwischen Hao und Amanu verloren. Er wurde zum jüngsten Bürgermeister in Franz. Polynesien gewählt und ist erstaunlich kommunikativ. Zusätzlich ist er der Krankenpfleger der Insel. Prompt treffen wir ihn auf der Straße und er zeigt uns den kleinen Lebensmittelladen, den wir selbst nie gefunden hätten.

Das Angebot ist ausgesprochen mager – Obst und Gemüse Fehlanzeige. Die Milch ist abgelaufen und auch sonst ist eigentlich kaum etwas zu erhalten. Mit unseren wenigen Einkäufen, laufen wir noch durchs Dorf bis zur Kirche und damit bis an den Fafameru Pass. Dieser strömt friedlich bei outgoing current vor sich hin. Von gefährlichen Wellen keine Spur.

Wir kehren zurück zu unserem Dingy und zu MariaNoa. Das Wasser ist jetzt bei Ebbe noch flacher und wir zerren unser Beiboot teilweise mit aller Kraft hinter uns her. Anker auf endet im Chaos, die Kette hat sich in Korallenblöcken verheddert. Ich springe viermal ins Wasser, um zu erkennen, wie die Kette verläuft. Glücklicherweise ist die Sicht heute erstaunlich gut, so dass ich Kette und Anker in 16 Meter Tiefe überhaupt erkennen kann. Es dauert gut eine Stunde bis Brigitta endlich das Zeichen für den freien Anker geben kann. Wir kehren in die Anchorage im Osten von Amanu zurück. Ein halber Tag ist vergangen und wir konnten eigentlich kaum etwas einkaufen. Gleichzeitig sind Lebensmittel in Franz. Polynesien absurd teuer, insbesondere hier draußen in den Tuamotus.

Habe ich die Wahl zwischen Einkaufen in Deutschland und hier, ich würde mich immer für das große Abenteuer im Südpazifik entscheiden.

Aufbruch nach Hao

Wir waren 2-3 Wochen in Amanu. Der Orkan war beängstigend aber die Natur war ausgesprochen vielfältig. Nach wie vor will sich kein Wetterfenster mit dem richtigen Wind zu den Gambierinseln einstellen. Wir entscheiden uns ins benachbarte Atoll Hao zu wechseln. Das ist nicht weit und die Versorgungslage soll wesentlich besser sein.

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