Von Deutschland aus gesehen, liegt Französisch Polynesien am anderen Ende der Welt. Die Tuamotus sind – neben den Marquesas, den Gesellschaftsinseln, den Gambierinseln und Tahiti – eine großflächig verteilte Gruppe aus Südseeatollen.
Der Film zum Blogbeitrag: https://youtu.be/wdu0EFMYfg8
Slacktime
Wir haben zunächst 2 Wochen lang Raroia besucht, bevor wir nach Makemo aufgebrochen sind. Um sowohl in Raroia als auch in Makemo bei der Aus- bzw. Einfahrt ins Atoll die s.g. Slacktime abzupassen, also den vergleichsweise kurzen Moment zwischen Flut und Ebbe in dem die Strömung zum Erliegen kommt, ist es notwendig die 75 nM und 14 h über Nacht zu segeln.
Parasailor
Da Kurs und Windstärke passen, können wir unseren geliebten Parasailor setzen und die ganze Nacht hindurch mit diesem feuerroten Flügelsegel dahinrauschen. MariaNoa bleibt ein komfortabler aber eben auch langsamer Katamaran. Für unsere Verhältnisse sind wir mit 6-8 kn aber erstaunlich zügig unterwegs. Trotzdem erreichen wir den Pass von Makemo etwas spät und haben 3-4 kn incoming water. Rechts und links von uns brechen sich bereits die Wellen. Dank Satellitenbildern und dem Guestimator sowie einigen Seezeichen innerhalb des Atolls kommen wir mit Schwung aber sicher durch den Pass. Vor der kleinen Ansiedlung gleich hinter dem Pass gehen wir für ein paar Stunden vor Anker. Wir wollen die Mittagssonne abwarten, weil dann die beste Sicht auf die Korallenköpfe herrscht, die wir sicher umschiffen müssen, wenn wir uns in dem Atoll bewegen. Eine dicke Wolkendecke vereitelt zwar diesen Plan, dennoch erreichen wir unversehrt den Ankerplatz im Osten des Atolls.
Floating Chain
Der Ankerplatz besteht wie das gesamte Atoll aus Sandflächen, die in regelmäßigen Abständen mit Korallenköpfen gespickt sind. Es ist daher vielleicht möglich 20 m Kette in einem Sandfeld auszubringen, spätestens dann kommen die ersten Boomies, also Korallenköpfe, die wir nicht zerstören wollen. Wir sind vorbereitet. Mit den Hartplastikbojen der Perlenzüchter wird eine s.g. Floating Chain hergestellt. Alle 5 m befestigen wir eine Boje mit einem Karabinerhaken und hängen damit weitere 15 m Kette über den Korallen auf. Die letzte Boje verhindert, dass der Hahnepott bei wenig Wind auf den Boden absinkt.
Anker + 20 m Kette auf dem Grund + 15 m Floating Chain + 7 m Hahnepott. Das sollte bei einer Wassertiefe von 4 – 5 m reichen, auch wenn es, wie hier üblich, mit 30 kn pfeift. Meist ist die Fetch kurz und es entsteht trotz Wind kaum Schwell. Heute ist jedoch eine besondere Wettersituation. Ein Hoch trifft über uns auf ein Tief und der Wind dreht in kürzester Zeit um 180 °. Da kommt der Wind z.B. bereits aus Osten während die Welle noch aus Süden kommt. Wie auf hoher See wird MariaNoa hin und hergeworfen. Sehr ungemütlich. Wegen des Winddrehers machen wir einen großen Bogen um den Anker. Ein Notanker ist immer stand by – bisher ohne Notwendigkeit.
Ankerplatz
Der Ankerplatz ist ideal, um diverse Arbeiten durchzuführen. Das Wasser ist flach und sauber, der Untergrund hell und vor allem: es gibt keine Haie! Ich kontrolliere noch einmal das Ruderblatt, wegen dem wir auf der Pazifikquerung vorübergehend Mayday absetzen mussten. Propeller und Saildrive werden von Seepocken befreit.
grüner Bart
Der grüne Bart am Wasserpass wird mühsam entfernt. Neben den schlierenartigen Algen, die von kleinen Spinnen und Krebsen bewohnt sind, haften schwarze Batzen am Gelcoat. Es sieht aus, wie Schwerölklümpchen. Andere Schiffe, die dieselbe Route gefahren sind wie wir, haben diese Schwerölbatzen nicht. Vielleicht sind wir durch eine Öllache gefahren, die entstand als ein Schiff auf hoher See die Tanks reinigte. Wir wissen es nicht, haben aber viel Arbeit.
Wie jeden Abend geht die Sonne bereits um 17:30 Uhr spektakulär hinter dem Horizont unter. Segler gehen wie die Sonne früh zu Bett, stehen aber auch sehr früh wieder auf.
Drohne
Es gibt nur 30 cm Tidenhub. Dennoch strömt bei Flut viel Wasser über die Riffkante und gibt bei Ebbe riesige Sandflächen wieder frei. Heute ist nahezu Flaute und wir ziehen, im wahrsten Sinne des Wortes, mit unserem Dingy in Richtung einer Sandbank. Diese lädt unweit unserer MariaNoa ein, um von ihr aus, die Drohne starten zu lassen. Wir schleifen aber auch unsere stumpfe Machete und hoffen diese in Zukunft effektiver einsetzen zu können. Mit der Drohne entstehen unglaublich schöne Aufnahmen, die wir euch gerne zeigen möchten. Die Sand- und Wasserflächen wirken wie Aquarelle, die ein hochbegabter Künstler in die Welt gemalt hat. Die Motus sind hier zusammenhängend und bilden eine langgezogene Insel entlang der Riffkante, die zum Spazierengehen einladen.
Korallen
Gemäß Noforeignland gibt es unweit unserer Anchorage eine Schnorchelempfehlung. Wir ziehen erneut das Dingy mit uns, um es schon bald mit Sternanker am Strand zu parken. Das Wasser ist noch nicht einmal Knie tief. Vor uns liegen Korallenköpfe. Sie sind nur schemenhaft zu erkennen. Sobald wir aber die Masken unter Wasser stecken, wird das Wasser schlagartig 2-3 m tief und wir schnorcheln zwischen den gesündesten und buntesten Korallen, die wir je gesehen haben. Viele bunte Fische verstecken sich innerhalb der zerklüfteten Korallen. Es ist eine faszinierende Welt und wir sind total überrascht, diese hier zu finden.
Bewegungsdefizit
Es wird Zeit für einen ausgiebigen Spaziergang. Wir laufen ca. 1 ½ Stunden bis zur Spitze der Palmen bestandenen Motus. Als Segler hat man ein chronisches Bewegungsdefizit. Es geht entlang der inneren Strände und der äußeren Korallenfelder, durch Palmenwälder mit tausenden Kokosnüssen auf dem Boden und durch seichte Wasserflächen. Auf den Punkt gebracht: hier gibt es kilometerlange Traumlandschaften ohne irgendwelche Bewohner. Es gibt sie also noch: die unbewohnten Insellandschaften der Südsee. Wir sind hier ganz allein und für uns – traumhaft.
Müll
Über die Wochen sammelt sich immens viel Müll an. Wir separieren brennbaren Müll von anderen Sorten und machen am Abend ein Lagerfeuer. Mit einem Bier in der Hand ist dies bei unter gehender Sonne wohl die romantischste Müllentsorgung, die man sich vorstellen kann.
Atolle
Zur Entstehung von Atollen gibt es 2 Theorien. Nach der Theorie Charles Darwins entstehen Atolle aus Saumriffen, die um eine Vulkaninsel herum entstehen. Die Insel kann im Laufe der Zeit im Meer versinken, sei es durch Erosion oder weil der Meeresboden absinkt bzw. der Meeresspiegel steigt, wobei das Riff weiter nach oben wächst. Am Ende reicht nur noch das Riff bis an die Wasseroberfläche und bildet einen Ring aus kleinen Inseln.
Eine andere Theorie des österreichischen Zoologen und Meeresforschers Hans Hass kommt dagegen ohne Vulkane aus. Nach ihr bilden sich Atolle aus kegelförmigen Riffen, bei denen die Korallen im Zentrum wegen ungenügender Wasserversorgung absterben und nur die Korallen am Rand weiterwachsen, so dass ebenfalls eine ringförmige Struktur entsteht.
Wie auch immer. Makemo, unser aktuelles Atoll in den Tuamotus Französisch Polynesiens ist in Ost-West-Richtung ca. 65 km lang und in Nord-Süd-Ausrichtung ca. 12 km breit. Die ringförmig ausgebildeten Riffe fallen nach außen steil auf 1.000 m ab. Innen ist das Atoll 15-40 m tief, gespickt mit Korallenköpfen, die bis an die Wasseroberfläche reichen. Das Riff hebt sich insbesondere an der Nordküste wenige Meter über den Meeresspiegel und bildet hier die Palmen bestandenen Motus aus. Während die Palmen zum Innensaum des Atolls bis ans Meer reichen, bestehen die Riffe zum Außensaum hin aus Korallengeröll verschiedenster Größe. Das Riff der Südküste reicht nur bis zur Wasseroberfläche und ist somit eigentlich kaum zu sehen. Dennoch bricht diese Riffkante die Brandung und die Wasseroberfläche im Inneren ist trotz ungebrochenem Wind meist flach und ruhig. Bei Flut und Wind strömt viel Wasser über die Riffkante ins Atoll, welches bei Ebbe durch die Passagen wieder raus muss. Auch wir müssen irgendwann hier raus. Es gilt also aufzupassen, dass uns die bei Niedrigwasser erhebliche Strömung nicht mitreißt.
Volleyball
Mit der fünfköpfigen Crew des dänischen Katamaran Zen und der schwedisch-amerikanischen Crew der Hally verbringen wir einen geselligen Abend am Strand. Es wird ausgiebig Volleyball gespielt und ein Lagerfeuer entzündet. Zu uns gesellen sich zwei Einheimische, die mit ihren Hunden heute hier angelandet sind. Die verschiedensten Leckereien wie Kuchen, Kartoffelsalat, Stockbrot und Hotdogs lehnen sie ab, nicht aber das Bier. Sie bringen uns Kokosnüsse und das Fleisch bereits auskeimender Kokosnüsse – sehr lecker. Sie haben auch einen Grillrost auf dem die Hotdogs wesentlich besser gelingen. Gemeinsam sitzen wir nach Sonnenuntergang um das Lagerfeuer. Der Sternenhimmel ist unfassbar, kein Mond überstrahlt die Millionenfachen Gestirne.
Absturz
Dies sind die letzten Bilder unserer Drohne. Der Akku war seit geraumer Zeit aufgedunsen. Heute hat er sich während des Fluges aus der Drohne gelöst, sodass diese wie ein Stein ins Meer fiel. Die Drohne selbst habe ich hochtauchen können, der Akku bleibt verschwunden.
Moturama
Entlang des Tracks vom Hinweg fahren wir durch das Atoll und durch das Labyrinth aus Korallenköpfen zurück nach Moturama, der Ortschaft am Pass. Langsam bekommen wir etwas Routine und sind weniger angespannt. Hier in Moturama versuchen wir uns für die kommenden Wochen mit Lebensmitteln einzudecken. Aber obwohl das Versorgungsschiff gerade da gewesen ist, ist die Versorgung mit Obst und Gemüse einfach katastrophal. Die Preise sind zudem absurd. Wie die Einwohner es sich leisten können, sich und ihre Familien hier zu versorgen, ist mir ein Rätsel.
Moturama hat einen Hauch von Städtebau. Vom großen Anleger im Inneren des Atolls führt eine Straße entlang der in Sanierung befindlichen Kapelle hin zur Kirche und weiter achsial direkt auf den Leuchtturm der außen auf der Riffkante steht und zumindest früher den Schiffen den Weg gewiesen hat.
Tahanea
Wir haben uns entschlossen nach Tahanea dem nächsten Atoll weiterzuziehen. Als wir zur Ausfahrt von Makemo kommen, herrscht bereits eine 4 kn schnelle Strömung auswärts und die berüchtigten stehenden Wellen sind gut sichtbar. Wir geben Vollgas und schlüpfen zwischen den stehenden Wellen der Mittelströmung und der Brandung der seitlichen Riffe hindurch. Noch mal gut gegangen aber gut geplant geht anders. Wir setzen Segel und gehen auf Kurs. Bei halbem Wind kommen wir schnell voran. Jedoch sukzessive beginnt der Wind schwächer zu werden und sich bis 60° nach Westen zu drehen. Noch bevor wir die Nordecke von Fakema erreichen, bekommen wir den Wind direkt auf die Nase. Wir motoren und das bleibt auch so für den Rest der Nacht, da der Wind immer schwächer wird.