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Nachbarn

Nur ein Katzensprung vom Kapitalismus zum Sozialismus

Wir wollen nach Kuba. Unser Weg führt uns von Coconut Grove Miami entlang der Florida Keys nach Key West. Die Strecke ist weiter als gedacht. So unterbrechen wir die 130 Meilen lange Strecke mit einer Übernachtung in einer Bucht von Long Key. Hier kommen wir in tiefster Dunkelheit an. Die vielen Lichter um uns, verwirren uns. Wir sehen Boote in unserem Weg liegen, wo gar keine sind. Der Anker will auch nicht halten. Da aber totale Flaute ist und für die Nacht kein weiterer Wind angesagt ist, reicht uns ein großer Kettenhaufen als Gewicht.

Key West

Key West befindet sich mit gut 25.000 Einwohnern am Ende der Florida Keys. Wir gönnen uns in der City Marina einen Mooringball, denn es ist wieder viel Wind angesagt. Hier im Mooringfeld liegen fast ausschließlich Dauerlieger, die wahrscheinlich in der Stadt arbeiten und auf ihren Schiffen wohnen. Wir mit unseren 3 Übernachtungen sind da eher ein Fremdkörper.

Das Stadtbild von Key West ist geprägt durch unendlich viele hervorragend gepflegte historische Gebäude aus der Kolonialzeit. Man sieht, dass in Key West viele wohlhabende Intellektuelle wohnen. Key West hat einen verhältnismäßig großen Anteil an Schwulen und Lesben und ist für diese Gruppen auch ein beliebtes Reiseziel. Außerdem ist Key West das Zuhause für viele exzentrische Bewohner und zieht auch viele entsprechende Besucher an. Groß ist das Angebot an charismatischen Restaurants und Kneipen wie das „Green Parrot“, die „Whistle Bar“ oder die „Schooner Warf Bar“ entlang der Duval Street oder im Historischen Hafen. Rock- und Country-Livemusik ist allgegenwärtig.

Typisch für das Stadtbild sind die vielen bunten stolze Hähne. Sie sind auch Gegenstand vieler Kunstobjekte.

Ernest Miller Hemingway

Ernest Miller Hemingway war einer der erfolgreichsten und bekanntesten US-amerikanischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. 1953 erhielt er den Pulitzer-Preis für seine NovelleDer alte Mann und das Meer und 1954 den Literaturnobelpreis. Hemingway lebte mit seiner zweiten Frau Pauline für ein Jahrzehnt in Key West. In seinem damaligen Wohnhaus an der Whitehead Street ist heute ein Hemingway-Museum untergebracht. Hemingway kam 1928 auf Empfehlung seines Kollegen John Dos Passos erstmals nach Key West. 1931 schenkte ihm Paulines Onkel Gus das Gebäude. Das Gebäude wurde 1851 im französischen Kolonialstil aus Muschelkalk erbaut und hat eine umlaufende Veranda. Es gibt einen großen Park mit rund 40 Katzen und das Haus ist teilweise original möbliert. Hemingway schrieb hier „Die grünen Hügel Afrikas und „Wem die Stunde schlägt und ging gerne in Key West zum Hochseefischen.

Nach der Scheidung von seiner zweiten Ehefrau Pauline Pfeiffer lebte Ernest Hemingway mit seiner dritten Ehefrau ab 1939 auf Kuba. Das Ehepaar erwarb nahe der Hauptstadt das Landgut Finca La Vigía in San Francisco de Paula südöstlich von Havanna. Dort zog Ernest Hemingway 1939 mit seiner dritten Frau, der Journalistin Martha Gellhorn, ein. In Havanna war er Stammgast in der Bar El Floridita, wo eine Bronzestatue von ihm steht. Auf Kuba wird Hemingway heute noch verehrt. Wir werden diese Orte ganz sicher besuchen.

„Little White House“

Wir besuchen auch das „Little White House“ in dem Amerikas 33. Präsident Harry S. Truman eine Zeit lang gelebt und gearbeitet hat. Am meisten fasziniert mich die unmittelbare Verknüpfung von Privat- und Geschäftsräumen. Schlaf- und Konferenzräume liegen unmittelbar nebeneinander. Im Garten steht die Präsidentenlimousine, die für exklusive Ausfahrten gemietet werden kann.

Key West ist Standort der Flying Navy. Allmorgendlich und am Abend erschallt über unser Mooringfeld eine Hornfanfare sowie die Nationalhymne „The Star-Spangled Banner“ der Vereinigten Staaten.

Erneut zieht ein Sturm über MariaNoa hinweg. Wir verlängern die Leinen und verstärken diese gegen Durchscheuern. Das reicht.

Auf nach Kuba

Im ersten Morgengrauen des 1. Mai gehen wir Anker auf und motoren zunächst um Fleming Key bevor wir südlich Key West Richtung Süd Kurs 180° die Segel setzen können. Es ist nur ein Katzensprung vom Kapitalismus zum Sozialismus.  Nach nur wenigen Stunden macht sich nach dem Sturm des Vortages eine bleierne Flaute breit und wir motorsegeln zunächst bevo wir schließlich die Segel ganz einholen.

Los Express

Zunächst ist wenig Schiffsverkehr zwischen Florida und Kuba. Zum Sonnenuntergang queren wir jedoch gleich vier Ozeanriesen den Weg. Das AIS meldet, dass ein Schiff davon MariaNoa gefährlich nahekommen wird. Ich Rufe die Los Express über Kanal 16 und frage, ob sie plant vor uns oder hinter uns zu passieren, was ich auf dem Plotter nicht erkennen kann. Da die Antwort eine ganze Weile dauert, vermuten wir, dass die drohende Kollisionsgefahr für den Containerriesen neu ist. Schließlich meldet sich die Brücke mit den Worten „we give you way“. Wir können unsere Fahrt also unverändert fortsetzen, der Ozeanriese geht hinter uns durch. Doch unveränderter Kurs und Geschwindigkeit der inzwischen recht nahen Los Express der Hapag Lloyd, was wir inzwischen gut lesen können, zeigen ein anderes Bild. Die Brücke meldet sich erneut und teilt uns mit, dass ihr das Manöver so nicht gelingen wird. Wir verlangsamen unsere Fahrt und ändern unseren Kurs und lassen den Riesen passieren. Man muss ja nur miteinander reden.

Clearance

Morgens um 03:00 Uhr fällt der Anker vor der Marina Gaviota und wir fallen erschöpft ins Bett. Nach einem durchmotorten Tag brummt mir jedoch so der Schädel, dass ich keinen Schlaf finde. Gegen 08:00 Uhr ruft uns die Marina und wir verholen ans Customs Dock. Zwei ausgesprochen freundliche Damen von Customs bzw. Immigrations kommen an Bord. Sie sprechen kein Wort Englisch, wir kein Spanisch. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen ist die Stimmung gut. Nur der Mitarbeiter der Marina spricht ein paar Brocken Englisch. Viele Papiere werden ausgefüllt, die Drohne mit Klebeband versiegelt. Von Kuba wird es leider keine schönen Luftaufnahmen geben. Wir gehen ins Gebäude der „Autoridades Portuarias“ um Fotos zu machen und fahren mit einem kleinen Motorboot zum Marina Office um 55 USD zu bezahlen. Nach 1 ½ Stunden legen wir wieder ab. Eine Inspektion des Schiffes hat nicht stattgefunden.

Debbie Armstrong

Wir verholen zur Marina Darsena. Wie schon die Marina Gaviota ist diese fast leer. Hier werden wir bereits von der Kanadierin Debbie Armstrong erwartet. Debbie lebt hier selbst auf einem Segelboot und ist unter den Seglern eine wahre Institution. Sie lebt seit vielen Jahren hier und weiß alles, kennt jeden und ist ausgesprochen hilfsbereit. Am Abend gehen wir mit ihr und Paul in einem privaten Restaurant einem s.g. „Paladars“ essen. Auf dem Rückweg nehmen wir ein Taxi. „Ah, ihr seid die mit dem neuen Katamaran.“ Es hat sich bereits rumgesprochen, dass wir in der Marina festgemacht haben.

Oldtimer

Kubas Oldtimer sind mehr als nur ein Kulturgut des Inselstaates – jeder Oldtimer auf Kuba ist ein Unikat und ein Symbol des Handelsembargos und seiner Folgen. Von den 15.000 übrig gebliebenen Oldtimern aus der vorrevolutionären Zeit Kubas befinden sich heutzutage die meisten in Havanna aber auch hier in Varadero sind sie allgegenwärtig – sie gehören einfach zum Straßenbild.

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