https://youtu.be/fHmZ8ZZ6TQI
Gewitter in einer sicheren Position aus sicherer Entfernung zu beobachten, kann faszinierend sein – besonders bei Nacht. Es ist der 29. Juli 2023, es ist taghell und wir strecken auf einer großen Wasserfläche eine 18 m Antenne in den Himmel. Wie fast täglich hier am Rio Dulce zieht ein Gewitter heran. Zunächst sind die Abstände zwischen Blitz und Donner noch deutlich, doch dann plötzlich: Bähmmm!!!! Eine Millisekunde, die unser Leben verändern wird.
Watching thunderstorms from a safe position from a safe distance can be fascinating – especially at night. It’s July 29, 2023, it’s daylight and we’re stretching an 18 m antenna up into the sky on a large expanse of water. As almost every day here at the Rio Dulce, a thunderstorm is approaching. At first the intervals between lightning and thunder are still clear, but then suddenly: Bähmmm!!!! A millisecond that will change our lives.
Rio Dulce delta
Dass wir uns dem Rio Dulce nähern, erkennen wir zuerst daran, dass sich das Wasser verfärbt. Der Rio Dulce wie die anderen Flüsse, die aus dem tropischen Hochland kommen, tragen viele Schwebstoffe ins Meer. Deshalb liegt vor der Mündung des Rio Dulce auch eine riesige Sandbank, die es zu passieren gilt. Wieder einmal stimmen die Angaben unserer Navigationsunterlagen nicht überein. Die Ansteuerungstonne gibt es tatsächlich – nur ist sie nicht da, wo sie sein sollte. Die Fahrwassertonnen gibt es nicht. So rätseln wir, wo wir nun eigentlich hinfahren sollen. Die Wassertiefe unter Kiel schrumpft und schrumpft bis auf 30 cm. Für Monohull ist es nahezu normal, dass man hier aufläuft und freigeschleppt werden muss. Endlich wird es wieder tiefer und wir gehen zum Einklarieren vor Livingston vor Anker.
The first thing we recognize that we are approaching the Rio Dulce is that the water is changing colour. The Rio Dulce, like the other rivers that come from the tropical highlands, carries a lot of suspended matter into the sea. That’s why there is a huge sandbank in front of the mouth of the Rio Dulce that has to be passed. Once again, the information in our navigation documents does not match. The control ton is actually there – it’s just not where it should be. There are no fairway buoys. So we’re guessing where we should actually go now. The water depth under the keel is shrinking and shrinking down to 30 cm. It is almost normal for a monohull to run aground here and have to be towed free. Finally it gets deeper again and we drop anchor off Livingston to clear.
Livingston
Hier steht Strömung gegen Wind. Eine Situation, die MariaNoa vor Anker gar nicht mag und mit einer dynamischen Fahrt durchs Hafenbecken quittiert. Dabei nimmt sie richtig Fahrt auf. Eine gruselige Situation und es fällt schwer von Bord zu gehen. Wir rufen den Agenten Raul, wir hatten ihm bereits alle Unterlagen gemailt. Er selbst ist verhindert, schickt seine Mitarbeiterin, die nach einer halben Stunde mit diversen Offiziellen längsseits geht. Sie bleiben in ihrem Boot. Bei dem wilden Schwell eine gute Idee. Nach nur wenigen Minuten, wird uns mitgeteilt, dass wir in einer halben Stunde unsere Unterlagen abholen können.
Wir gehen an Land, holen Landeswährung vom ATM-Automaten und kaufen Obst ein. Wenig später erhalten wir unsere Unterlagen und kehren auf MariaNoa zurück. Anker auf, denn hier bleiben wir keine unnötige Minute.
Here the current is against the wind. A situation that MariaNoa doesn’t like at all at anchor and responds with a dynamic ride through the harbor basin. She really picks up speed. A scary situation and it’s hard to disembark. We call the agent Raul, we had already emailed him all the documents. He himself is prevented, sends his employee, who comes alongside after half an hour with various officials. They stay in their boat. A good idea with the wild swell. After just a few minutes, we are told that we can pick up our documents in half an hour.
We go ashore, get local currency from the ATM machine and buy some fruit. A little later we receive our documents and return to MariaNoa. Anchor up, because we won’t stay here for an unnecessary minute.
Rio Dulce
Die Fahrt den Rio Dulce hinauf, ist spektakulär – ein Traum. Guatemala begrüßt uns mit drei trockenen und sonnigen Tagen. Was für ein Geschenk in dieser von täglichen Gewittern heimgesuchten Welt. Der Rio Dulce schlängelt sich hier durch den an steil aufragenden Hängen undurchdringlichem Dschungel. Immer wieder die unterschiedlichsten Ansiedlungen, die alle nur vom Wasser aus erreichbar sind. Immer wieder die unterschiedlichsten Wasserfahrzeuge. Ein Ankerversuch an einer Flussbiegung scheitert. Hier scheint blanker Felsen zu sein, denn der Anker gleitet ohne jeglichen Widerstand über den Grund. Eben noch vor Sonnenuntergang gehen wir in der Texan Bay vor Anker. Ein bezaubernder Ort. Wir sind begeistert.
The ride up the Rio Dulce is spectacular – a dream. Guatemala welcomes us with three dry and sunny days. What a gift in this world plagued by daily thunderstorms. The Rio Dulce meanders through the impenetrable jungle on steep slopes. Again and again the most diverse settlements, all of which can only be reached from the water. Again and again the most diverse watercraft. An attempt to anchor at a bend in the river fails. There seems to be bare rock here, because the anchor glides over the bottom without any resistance. Just before sunset we drop anchor in Texan Bay. A charming place. We are excited.
Texan Bay
Texan Bay ist ein wunderbarer kleiner Ort. Quasi ein See umgeben vom Dschungel. Hier gibt es eine Handvoll kleiner Marinas mit jeweils einem halben Dutzend Liegeplätzen, zwei Restaurants und eine Menge Seerosen. 3 Boote liegen mit uns vor Anker. Auf all diesen Schiffen scheint sich jedoch niemand aufzuhalten. Es ist daher extrem ruhig, ab und zu durchfährt die kleine Bay ein Ausflugsboot und fahren die Anwohner kreuz und quer.
Wir folgen den Anwohnern mit dem Dingy in kleine Nebenarme und entdecken eine wunderschöne Seerosenlandschaft, heiße Quellen und eine Höhle.
Texan Bay is a wonderful little place. Almost a lake surrounded by the jungle. There are a handful of small marinas here, each with half a dozen berths, two restaurants and lots of water lilies. 3 boats are anchored with us. However, nobody seems to be staying on all these ships. It is therefore extremely quiet, from time to time an excursion boat drives through the small bay and the local residents drive back and forth.
We follow the residents with the dingy into small side arms and discover a beautiful water lily landscape, hot springs and a cave.
Maya
Nach 3 Nächten in der Texan Bay ankern wir unweit bei der Cayo Grande. Von hier aus fahren wir mit dem Dingy den Jute Creek hinauf zu Häusern der Maya. Hier schalten wir unseren Motor aus und paddeln – wir haben das Bedürfnis ganz leise zu sein. Hier leben die Maya wir vor hunderten von Jahren.
After 3 nights in Texan Bay we anchor near Cayo Grande. From here we dingy up the Jute Creek to the Mayan houses. Here we switch off our engine and paddle – we feel the need to be very quiet. This is where the Maya lived hundreds of years ago.
Blitzeinschlag - lightning strike
Auf dem Weg zur NanaJuana Marina ankern wir bei Cayo Julio am nördlichen Rand der El Gofette. Das Wetter hat sich grundsätzlich geändert. Seit über einer Stunde schüttet es. Blitz und Donner kommen immer näher – der zeitliche Abstand wird immer kürzer. Bei jedem Blitz zucke ich zusammen – ich hasse das. Und plötzlich: Bämm!!!!!! Ohren betäubend laut schlägt ein Blitz in MariaNoa ein. Es stinkt verbrannt. Das 12V-Paneel blinkt chaotisch, das Victron- und das Scheibner-Paneel sind schwarz. Wir haben Schaden in der Elektronik. Welchen Schaden? Keine Ahnung. Wir checken zuerst die Bilgen. Wir scheinen aber keinen Wassereinbruch zu haben. Worst case ist, wenn der Blitz durchschlägt und ein Loch in den Rumpf unterhalb der Wasserlinie schlägt. Die Motoren können nicht gestartet werden, kein Licht in den Räumen. Das Windex liegt in Bruchstücken auf dem Deck verstreut, wir sind also direkt getroffen worden. Wenn ich doch nur mehr Ahnung von Elektronik hätte und wenigstens die Motoren zum Laufen bringen könnte. Mit dem Funkgerät, das eigentlich heile wirkt, können wir niemanden erreichen. Später finden wir auch die VHF-Antenne pulverisiert an Deck. Wir bauen eine Plane über die Motorenräume um irgendwie in ihnen arbeiten zu können. Es gelingt mir aber nicht irgendwelche Schäden einzukreisen.
On the way to NanaJuana Marina we anchor at Cayo Julio on the northern edge of El Gofette. The weather has fundamentally changed. It’s been pouring for over an hour. Lightning and thunder are getting closer – the time between them is getting shorter and shorter. I wince at every flash – I hate that. And suddenly: Bam!!!!!! Lightning strikes MariaNoa with deafening loudness. It smells burnt. The 12V panel flashes chaotically, the Victron and Scheibner panels are black. We have damage in the electronics. What damage? No idea. We’ll check the bilges first. We don’t seem to have any flooding though. Worst case is when lightning strikes through and punches a hole in the hull below the waterline. The engines cannot be started, no light in the rooms. The Windex is scattered across the deck in fragments, so we took a direct hit. If only I knew more about electronics and could at least get the motors running. With the radio, which actually works fine, we can’t reach anyone. Later we also find the VHF antenna pulverized on deck. We’re building a tarp over the engine compartments to somehow work in them. But I can’t pinpoint any damage.
Abschleppmanöver - towing
Wir winken einen Einheimischen heran und bitten ihn zur Marina zu fahren und um Hilfe zu bitten. Ob heute Abend noch jemand kommt? Ich bezweifle das, denn bei dem anhaltenden Regen wird es früh dunkel. Die Zeit vergeht.
Miguel kommt zurück und holt sein Mobiltelefon, damit wir mit Edgar dem Dockmaster von Nanajuana Marina telefonieren können. Es wird vereinbart, dass Miguel uns am kommenden Morgen in die Marina abschleppt. Mit seinem 25 PS Außenborder gilt sein Lancha hier schon als eines der stärkeren Boote. Mir ist nicht wohl bei der Sache, aber haben wir eine Wahl?
Am nächsten Morgen sind wir bereit. Aber die Zeit verrinnt und Miguel kommt nicht. Wir lassen unser Dingy zu Wasser und fahren den weiten Weg zur Marina. Hier bekommen wir Internetzugang und können wieder kommunizieren. Es ist Sonntag. Dennoch schafft es Edgar in kurzer Zeit zwei junge Männer mit ihrem Boot zu organisieren, die Brigitta und mich zunächst zu MariaNoa zurückbringen und dann MariaNoa bis zur Marina schleppen. Ihr Außenborder hat 15 PS also wenige PS mehr als unser Dingy. Das funktioniert nur, weil es hier auf dem Rio Dulce nahezu windstill ist.
We wave a local over and ask him to drive to the marina and ask for help. Is anyone else coming tonight? I doubt it because with the persistent rain it gets dark early. Time flies.
Miguel comes back and gets his cell phone so we can talk to Edgar the Nanajuana Marina Dockmaster. It is agreed that next morning Miguel will tow us to the marina. With its 25 hp outboard engine, his Lancha is considered one of the more powerful boats here. I’m not comfortable with this, but do we have a choice?
The next morning we are ready. But time flies and Miguel doesn’t come. We launch our dinghy and drive the long way to the marina. Here we get internet access and can communicate again. It’s Sunday. Nevertheless, Edgar manages in a short time to organize two young men with their boat, who first bring Brigitta and me back to MariaNoa and then tow MariaNoa to the marina. Your outboard motor has 15 hp, a few more hp than our dingy. This only works because there is almost no wind here on the Rio Dulce.
Haul out
Wir verbleiben für eine Nacht gut vertäut an einem Steg. Wiederholte Kontrollen der Bilgen lassen das zu – kein Wassereinbruch. Am nächsten Morgen werden wir auf einer Art Lafette aus dem Wasser gezogen. Es ist knapp, sehr knapp, dass MariaNoa auf das Gestell passt. MariaNoa ist zu klein, hat zwischen den Rümpfen zu wenig Platz. Die Aktion dauert viele Stunden bis unsere MariaNoa im DryDock eingeparkt ist. Es folgen anstrengende Tage zwischen Versicherung, Gutachtern und Elektrikern.
We remain well moored at a jetty for one night. Repeated checks of the bilges allow this – no water ingress. The next morning we are pulled out of the water on a kind of carriage. It’s close, very close, that MariaNoa fits on the frame. MariaNoa is too small, there is not enough space between the hulls. The action lasts many hours until our MariaNoa is parked in the DryDock. Exhausting days between the insurance company, appraisers and electricians follow.