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Vom Rio Dulce nach San Blas – mit Pleiten, Pech und Piraten-Angst

Rio Dulce bis Livingston

Am 02. Januar 2024 erhalten wir endlich den sehnlichst erwarteten Sensor für den Motor. Herzerfrischende 5 kurze Minuten dauert der Austausch. Gut 5 Monate nach dem Blitzeinschlag im Mast und diversen Reparaturarbeiten können wir uns endlich wieder aus eigener Kraft bewegen. Das Ablegemanöver und anschließende Testfahrt treiben einem schon etwas die Tränen in die Augen. Am Folgetag macht der Elektriker Chris Ellis eine Ausfahrt mit uns, um die Autopiloten und Plotter zu kalibrieren. Einen Schrecken müssen wir noch kurz verdauen, der eine Kompass tut nicht. Alle Anschlüsse werden geprüft, an denen liegt es nicht. Zum Glück hat Hannes den alten Kompass aufgehoben, der tatsächlich noch funktioniert. Sonst hätten wir schon wieder auf ein neues Ersatzteil warten müssen. Fazit, der neue Kompass ist defekt und muss zurückgeschickt werden.

 

Am Folgetag heißt es endlich Leinen los und auf geht’s. In Livingston, der Flussmündung des Rio Dulce herrscht fast Windstille, so dass wir uns entscheiden, doch dort zu ankern anstatt in der Caya Quemado (etwa 7 NM flussaufwärts) einen Zwischenstopp einzulegen und uns von Mike mit dem Lancha zum Ausklarieren fahren zu lassen. Für stadtliche Q 2150,00, aber dafür in rasanten 30 Minuten hat Hannes ausklariert. Vorab haben wir Raúl, dem Agenten, per WhatsApp schon unsere Ausweiskopien und sonstige Infos, die er haben wollte, zugeschickt.

Die Barre an der Flussmündung, die vielen Monohulls mit wesentlich mehr Tiefgang als von Katamaranen, Kopfschmerzen bereitet, überqueren wir ohne Probleme, halten uns aber schon an die von Freya Rauscher vorgegebenen Wegepunkte. Ein tolles Gefühl, wieder auf dem Meer unterwegs sein zu dürfen. Aufgrund des guten Wetterfenster mit ordentlich Flaute, alternativ herrscht auf dieser Strecke vorwiegend Ostwind, der uns nicht hätte gut voran kommen lassen, wollen wir ordentlich Strecke machen und begeben uns ohne Zwischenstopps Richtung Roatan.

Auf dem Rio Dulce
Vor Anker in Livingston

Bay Islands/Honduras - 1. Stopp Roatan

Die hinter einem Riff gelegene Bucht French Caye ist unser Ankerstopp auf Roatán. Einige Untiefen in der Einfahrt zur Bucht erfordern erhöhte Aufmerksamkeit, lassen sich über OpenCPN und Eyeball Navigation gut erkennen. Als der Anker gut sitzt und die Motoren abgeschaltet sind, freuen wir erst einmal über das klare Wasser und die wunderbare Atmosphäre in einer Meeresbucht zu ankern.

Die freudige Ruhe währt leider nicht lange. Nachdem wir ein paar Eiswürfel produziert haben und in die Tiefkühltruhe platzieren wollen, wundere ich mich darüber, dass der Inhalt irgendwie geschrumpft zu sein scheint. Bis mich die plötzliche Erkenntnis trifft, dass der gesamte Inhalt aufgetaut ist. Am Rio Dulce haben wir ordentlich für die nächsten Wochen proviantiert, Fleisch portioniert, Gemüse geschnippelt und Kräuter gehakt und eingefroren. Gemüse und Kräuter sind so matschig, dass ich sie gleich entsorge. Das Fleisch brate ich zum Teil an, mache Massen an Frikadellen oder mariniere einige Stücke. Ein vorbeifahrendes Dingy winke ich heran, um ihnen auch Fleisch anzubieten. Freudig stellen wir fest, dass wir uns bereits in der Nanajuana Marina über den Weg gelaufen sind. Mit John aus Südafrika, seiner Frau Medi aus Ungarn mit ihrem Sohn Johnny verabreden wir uns gleich, am nächsten Tag ein Taxi zur Immigration und zum Port Captain zu teilen. Nach dem offiziellen Einklarieren besuchen Sie abends auf unserem Boot und bringen uns das Spiel „Mexican Train Domino“ bei, eine unseren nächsten Anschaffungen zum Nachspielen 😃.

Aufgetautes Fleisch
Dingy Tour zu Little- and Big French Caye

Zum Glück gibt es Eldon‘s Supermarkt gleich in der Nähe vom Roatán Yacht Club, wo wir kostenlos unser Dingy parken und auch etwas Müll entsorgen dürfen. Der Supermarkt begeistert uns, die Auswahl ist prima, zu angemessenen Preisen und wir kaufen ordentlich Lebensmittel zum Einfrieren nach. Angenehm überrascht sind wir, dass unglaublich viele Bewohner von Roatán hervorragend englisch sprechen, von Guatemala und dem Festland Honduras sind wir das gar nicht gewohnt. Bis 1859 war Roatán britische Kolonie und Englisch ist für viele noch die erste Sprache, obwohl Spanisch die Landessprache ist. Außerdem ist die Insel auch sehr beliebt bei amerikanischen Touristen.

Nach 3 Nächten in dieser schönen Bucht vor Roatán heißt es auch bald wieder Abschied nehmen. Am Samstag, den 06.01. fahren wir noch ein bisschen mit dem Dingy herum. Das Wasser ist überall herrlich klar, Little- und Big French Caye sind 2 vorgelagerte kleine Inseln, zu denen regelmäßig Fähren von Roatán aus hin und her pendeln, um Tagesgäste hinzubringen, die das Freizeitprogramm mit Bars, Restaurants und Wasseraktivitäten nutzen. Wir gucken uns auch noch 2 Tankstellen in Old French Harbour an, die uns aufgrund der nicht so guten Anlegemöglichkeiten nicht überzeugen. Auf Guanaja, dem nächsten Ziel, soll es auch Tankstellen geben.

Abends gibt es ein Potluck BBQ in der Fantasy Island Marina, wo wir John, Medi und Johnny sowie viele andere Segel auf einen geselligen Abend treffen. Der Dockmaster ist wie John auch Südafrikaner und mit seiner Frau während der Corona Pandemie hier hängen geblieben als die Stelle als Dockmaster frei wurde.

Bay Islands/Honduras - 2. Stopp Guanaja

Kurz nach Sonnenaufgang am Sonntag soll es eigentlich heißen Anker auf und weiter nach Guanaja. Blöd nur, dass der Steuerbord Motor nicht anspringt. Hannes verschwindet gleich mit seinem Werkzeug im Motorraum, um der Ursache auf den Grund zu gehen. Eine Stunde fummelt er an verschiedenen Teilen und Anschlüssen rum, die aber nicht die Ursache sind. Erst die Überbrückung zur Starterbatterie des Backbord Motors bringt die Ursache zu Tage, dass die Starterbatterie des Steuerbord Motors hinüber ist. Mit der Überbrückung können wir uns nun erstmal behelfen, bis in Panama die Batterie getauscht wird.

Ein Flautentag beschert uns eine angenehme 6-stündige Überfahrt per Motor nach Guanaja. Erste Station ist eine der beiden Tankstellen ⛽️, die zum Glück auch am Sonntag geöffnet hat, um die beiden Tanks zu füllen. Kurz nach dem Ablegen ereilt uns der nächste Schreck. Der Steuerhebel für die Backbord Maschine blockiert. Mit einer Maschine kommen wir schlecht wieder an den Anleger der Tankstelle ran, nächste Option, wir ankern an Ort und Stelle. Zum Glück lässt sich der Hebel nochmals lösen, so dass wir die Fahrt zu unserem eigentlichen Ankerplatz vorsetzen können, wo der Hebel nochmals blockiert. Wieder verschwindet Hannes im Motorraum, um Reparaturarbeiten am Getriebe durchzuführen. Gefühlt verbringt er mehrere Stunden in der engen Kiste, auf jeden Fall ist es bereits dunkel als er wieder auftaucht. Nach diversen Einstellungen bekommt er auch dieses Problem in den Griff, was sich hoffentlich bis Panama nicht wiederholt.

Nach einer ruhigen Nacht geht’s am nächsten Tag gleich mit dem Dingy los zum Ausklarieren entlang der grünen und hügeligen Landschaft von Guanaja. Am Ufer befinden sich nur ganz vereinzelte Häuser, der Hauptort liegt auf der kleinen vorgelagerten Insel Bonacca, das heißt die ganze Insel ist der Ort. Die Insel ist absolut zugebaut, allerdings auch nicht besonders groß, so dass zu Fuß alles gut zu erreichen ist.

Zuerst suchen wir Immigration auf, wo uns ein sehr freundlicher Officer empfängt. Neben dem Papierkram erfahren wir von ihm vieles Interessantes über die Geschichte und den Menschen von Guanaja, auch dass man hier sehr großzügige Aufenthaltsgenehmigungen erteilt, unabhängig vom C4 Status (dazu zählen Guatemala, El Salvador, Nicaragua und Honduras. Max 90 Tage für alle Länder zusammengerechnet). Auch mit dem Port Capitan kommen wir nett ins Plaudern während er unsere Papiere fertig macht. Uns wird diese Insel bestimmt in sehr positiver Erinnerung bleiben, obwohl wir leider keine Zeit hatten, etwas Sightseeing zu machen. Außerdem sind weder für das Ein- noch Ausklarieren irgendwelche Gebühren erhoben worden.

Auf Bonacca
Auf dem Weg zu Immigration

Auf geht´s nach Panama

Am Montag, dem 08.01. starten wir nach einem entspannten Frühstück zu unserem Törn Richtung San Blas/Panama. Bei 15-18 Knoten aus SW geht gleich das Großsegel und die Fock hoch und Motor aus. Ca. 20 Stunden segeln wir Richtung Osten, obwohl der Wind immer mehr auf Ost dreht, so dass wir immer nördlicher kommen. Kurz vor Sonnenuntergang holen wir die Segel runter. Wobei sich wieder ein neues Problem auftut, eine Segellatte hat sich aus dem Mastrutscher gelöst und die Monkeyline irgendwie verhakt. Hannes ist alles andere als begeistert, dass er bei den kabbeligen Wellen wieder zum Mast hochkrabbeln muss, um das Großsegel manuell runterzuziehen. Da es schon fast dunkel ist, müssen die Reparaturarbeiten bis zum nächsten Tag warten.

Durch Piratengebiet

Unsere erste Nacht in Piratengewässern, lässt uns besonders aufmerksam sein. Zum einen stellen wir das AIS auf stumm, die Positionsbeleuchtung und das VHF aus. Mit dem Radar kontrollieren wir regelmäßig, ob andere Boote in der Nähe zu sehen und eventuell in unsere Richtung unterwegs sind. Aufgrund der ernstzunehmenden Situation von diversen Überfällen auf Segelboote in den letzten Jahren, sieht unsere Tourenplanung bereits vor, einen besonders großen Bogen um Nicaragua zu machen, was uns mindestens einen Tag mehr auf dieser Strecke kostet.

Bei Noforeignland markierten Vorfälle
Geld für die Piraten - für alle Fälle

Gegen 05:30 Uhr zeichnet sich langsam der neue Tag am Horizont Richtung Osten ab. Um 06:00 Uhr beginnt meine (Brigitta‘s) Schicht und ich krieche noch etwas verpennt aus dem Bett. Hannes steht schon parat, die Ersatzteil Segellattenhalterung aus den Tiefen der Schiffes herauszukramen und mit den anstehenden Reparaturen am Großsegel zu beginnen. Nach einigen Besinnungsminuten bin ich dann auch so weit, ihn dabei zu unterstützen. Wind und Welle spielen gut mit, so dass es für Hannes nicht ganz so schaukelig am Mast wird. Alte Halterung abbauen, neue Halterung einbauen, Monkeyleine befreien und andere Befestigungen am Segel anbringen, dauern dann auch satte 3 Stunden. Für gut eine Stunde tummeln sich bestimmt 10 Delfine um unser Boot, während wir so einfach vor uns hintreiben – danach wird ihnen wohl etwas zu langweilig.

Im Laufe des Tages nimmt der Wind immer mehr ab, so dass wir die anfangs noch gehissten Segel wieder runternehmen. Dabei reißt die Monkeyleine dann wirklich. Nun muss Hannes jedes Mal an den Mast um das Segel manuell runter zu ziehen, da wir keine Ersatzleine dabei haben. Als Nächstes macht der Steuerbord Motor Ärger, indem er ständig eigenständig rum piept. Scheinbar lag es nur an ein paar losen Kabeln. Zu guter Letzt macht der Wassermacher noch Stress, indem er kein Wasser mehr produziert. Trotz Filterwechsel und gut Zureden geht gar nichts. Scheinbar sind die Membranen kaputt. Gut, dass wir noch ordentlich Wasser in Guatemala eingekauft haben.

Stetig, aber sicher kommen wir immer weiter voran Richtung Osten. An segeln ist allerdings nicht zu denken, da sich eine Flaute mit max. 5 Knoten Wind breit macht. Zumindest machen wir dabei Strecke. Bei einem strammen Ostwind mit entsprechender Welle wäre es gar nicht erst möglich gewesen, in diese Richtung unterwegs zu sein. Ein Nord und/oder Westwind, wie ihn einige Segelfreunde Mitte November 2023 hatten, um die gleiche Strecke zurückzulegen, ist eher selten und hätte eine längere Wartezeit auf den Bay Islands bedeutet. Also motoren wir halt so lange wie nötig bzw. mit dem vorhandenen Sprit möglich.

Ab der Höhe von Providencia sollte das Segeln hoffentlich für die restliche Strecke möglich sein.

Der Wind bläst immer stärker aus Südost und macht das Motoren mit nur einem Motor fast unmöglich. Wenn wir den zweiten Motor dazu schalten, würde es vielleicht gehen aber auch unseren Spritvorrat reichlich reduzieren. Also bleibt nur noch die Segel zu setzen, eigentlich ja auch unsere bevorzugte Reiseart. Die Windrichtung lässt allerdings nur zwei mögliche zu besegelnde Richtungen zu. Richtung Südwesten immer dichter an die Grenze von Nicaragua hin oder mitten durch eine Fischereiflotte – sind wir jetzt doch etwas ängstlich – oder Richtung Nordosten – also erstmal ganz andere Richtung, weg von unserem eigentlichen Ziel. Wir entscheiden uns für Variante 2, also kreuzen und dann mit mehr Abstand zur Küste später auf Süd drehen.

Fischerboote jagen uns Angst ein

Mittlerweile sind wir fast an Honduras vorbei und Richtung Süd-Ost unterwegs. Leider kommt uns der Wind nun auch direkt aus dieser Richtung entgegen. Gerade als wir bereits eine Zeitlang um die „Ecke“ herum von Honduras Richtung Nicaragua unterwegs sind und bereits eine Weile diverse Schiffe ohne AIS auf dem Radar ausgemacht haben, sehen wir ein großes Fischerboot von Steuerbord auf uns zukommen. Als es immer näherkommt, wird uns etwas mulmig. Hannes wirft den 2. Motor an, ändert die Richtung etwas und wird schneller. Das Fischerboot hält immer noch auf uns zu… nicht gut! Geld haben wir ja bereits draußen deponiert, falls wir uns unten verbarrikadieren müssen, in der Hoffnung, das reicht den Piraten als Beute. Ich fange an, das Garmin InReach von der Reling, das IridiumGo und die Epirb aus der Halterung zu nehmen, als Hannes verkündet, der Fischer hat abgedreht. Das war ein Pulsbeschleuniger! Nach den ganzen Geschichten, die wir über diese Gegend gehört und gelesen haben, macht es uns doch reichlich nervös.

Der Bilgenalarm schrillt los

Gerade sind die Segel richtig gesetzt, ertönt ein lauter gellender Ton aus dem Schiff. Ich habe erstmal Probleme, die Richtung zu orten, aus der er kommt. Schließlich werde ich fündig im Steuerbord Bug aus der Bilge hat der Bilgen-Alarm angeschlagen, was er nur macht, wenn Wasser in der Bilge ist. Hannes taucht mit seinem Kopf und Kopflampe ab in die Bilge und stellt fest, dass sich eine gute Menge rosa Flüssigkeit in der Bilge gesammelt hat. Wo kommt die denn jetzt her? Mögliche Quelle könnte die Kühlflüssigkeit vom Steuerbord Motor sein. Ein Check am Motor kann das auf die Schnelle nicht bestätigen. Routinemäßig gucken wir noch in die Backbord-Bilge rein. Das kann doch nicht wahr sein; auch hier hat sich Flüssigkeit gesammelt, allerdings in gelblicher Farbe. Der Motorraumscheck führt schnell zu einer Ursache. In Guanaja vor ein paar Tagen hatten wir ja Probleme mit dem Backbord Gashebel, wo Hannes eine Reparatur am Getriebe durchgeführt hat, scheinbar gab es hier eine undichte Stelle, wo Getriebeöl ausgetreten und in die Bilge gelaufen ist. Hannes zieht nochmals alles fest am Getriebe. Öl können wir erst nachfüllen, wenn wir etwas Ruhe im Schiff haben, da die Ölflasche in einem schwer zugänglichen Teil in einer der äußeren, vorderen Backskisten verstaut ist.

Um 23:00 Uhr nachts entscheiden wir uns für eine Wende, da der Wind immer kräftiger wird und wir von unserem eigentlichen Kurs immer weiter abkommen. Da der Wind auch etwas östlicher ist als vorher, haben wir erstmal eine gute Richtung gen Süden, wären da nicht all die Fischerboote. Überall tauchen auf dem Radar Schiffe ohne AIS Signal auf. Bis in den Morgen hinein passieren wir bestimmt an die 20 Boote. Mir bleibt jedes Mal fast das Herz stehen, wenn sich eines der Boote nur ansatzweise in unsere Richtung bewegt. Bei Sonnenaufgang fällt uns auf, dass viele Bojen mit Fischernetzen im Wasser treiben. Davon wollen wir nichts im Propeller oder Ruderblatt haben. Gerade noch rechtzeitig entdecke ich ein paar weiße, nebeneinander liegende Bojen im Wasser direkt vor uns treiben, um schnell ausweichen zu können.

Die unsäglichen Nachtschichten

Es gibt ja tatsächlich einige Segler, die mögen Nachtfahrten. Ich gehöre eindeutig nicht dazu. Es ist dunkel, meistens leicht feucht, ich bin hundemüde, wenn ich mich nach 3 Stunden Schlaf aus dem Bett quälen muss. Bei viel Welle kämpfe ich häufig mit leichter Übelkeit. Der schönste Moment der Nacht ist für mich, wenn die Sonne wieder aufgeht. Alle 20 Minuten erinnert mich mein Handy daran, die Instrumente zu prüfen und einen Rundumblick zu machen, ob Lichter von anderen Schiffen sichtbar oder ob Boote auf dem Radar zu sehen sind. Das ist besonders wichtig auf dieser Strecke, da wir größtenteils ohne AIS und Positionslicht unterwegs sind, um für mögliche Piraten unsichtbar zu sein. Die Länge der Nacht vertreibe ich mir mit einem Hörbuch von Ken Follet „Die Waffen des Lichts“, da vergeht die Nachtschicht etwas schneller.

chinesische Nachfahrer Nudelsuppe
Skipper Hannes mit Sonnenuntergang

Das Piratengebiet liegt hinter uns. In der 5-ten Nacht trauen wir uns wieder VHF und Positionslichter anzumachen. Die richtige Windstärke zum Segeln stellt sich immer noch nicht richtig ein bzw. die Strömung ist relativ stark und arbeitet genau gegen uns, so dass wir 1,5-2 Knoten langsamer sind als es eigentlich der Fall wäre.

Endspurt mit reichlich Welle

Langsam geht’s in die Zielgerade. Den größten Teil der Strecke mussten wir Motorsegeln um überhaupt einigermaßen voran zu kommen. Ca. 100 nM vor San Blas nimmt zu einem die Wellenbildung erheblich zu (bis 2,5 m Wellenhöhe) und der Wind frischt ordentlich von Nord-Ost auf. Dadurch kommt natürlich auch reichlich Bewegung ins Schiff, was das Duschen und Essen zubereiten etwas beschwerlich macht – aber wir können endlich segeln. Mit 6-8 Knoten starten wir in den Endspurt. Auch nimmt der Schiffsverkehr ordentlich zu, mit der deutschen Segeljacht Nomad befinden wir uns kurzzeitig auf Kollisionskurs bis wir uns über VHF über ein Ausweichmanöver verständigen.

Beide Motoren springen nicht an.

Leider werden wir es nicht mehr bei Tageslicht in die San Blas Inseln schaffen. Daher haben wir uns einen einfachen Ankerplatz vor der Insel Chichime ausgesucht. Als es Zeit wird die Segel runterzunehmen und die Motoren zu starten, erwartet uns der nächste Schrecken. Beide Motoren springen nicht an. Hannes, der sonst immer sehr besonnen ist, entweicht die Bemerkung „Jetzt haben wir echt ein Problem“! Ich bekomme weiche Knie und mag mir gar nicht vorstellen, wie wir nur unter Segeln irgendwo in den San Blas, gespickt mit diversen Riffen, anlegen sollen.

Hannes wäre nicht Hannes, wenn er nicht doch noch eine Idee in Petto hätte. Aus einem dreiadrigen Kabel bastelt er ein Überbrückungskabel, um die Starterbatterie mittels der Lithiumbatterien zu überbrücken. Als ich das Kommando erhalte, einen Motor zu starten, steigt die Anspannung, ob es funktioniert. Tatsächlich, beim ersten Versuch springt der Backbord Motor sofort an. Der Steuerbord Motor ist danach kein Problem mehr. Diese Aktion hat nochmal richtig Nerven gekostet.

In völlig Dunkelheit tasten wir uns langsam mittels OpenCPN Karten von Bauhaus an unseren Ankerplatz heran und genehmigen uns erstmal ein Anlegebier.

Geschafft ! Im Morgengrauen vor Chichime

Liste unserer Probleme unterwegs

  1. Maschine Steuerbord startet nicht, da Starterbatterie kaputt ist
  2. Gashebel der Backbordmaschine blockiert aufgrund von Getriebeproblem
  3. Segellattenhalterung geht kaputt
  4. Monkeyleine reißt
  5. Wassermacher produziert kein Wasser
  6. Starter der Steuerbordmaschine piepst laufend während des Betriebes aus unerklärlichen Gründen
  7. Rosa und gelbes Wasser in den Bilgen.
  8. Beide Starter Batterien geben den Geist auf. Nur durch Überbrückung mit den Lithium Batterien bekommen wir die Motoren wieder gestartet
  9. Unser Windfinder im Mast hat sich gelöst und wackelt munter im Wind hin und her. Sonderbarerweise ist er nicht runtergefallen.

Die Strecke insgesamt

Rio Dulce -Roatán = 1,5 Tage 3 Nächte Pause

 

Roatán -Guanaja = 9 Stunden 2 Nächte Pause

 

Guanaja – San Blas = 7 Tage und 6 Nächte  

 

Insgesamt 1030 NM gefahren

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Thomas Friedrich

    Wir haben auch Bekannte, die nach den technischen Blogbeiträgen (www.kivavera.ch) gefragt haben „warum wir kein Boot mit weniger technischen Problemen gekauft haben“ 😎
    Die Frage kam von Nicht-Bootseignern auf Langfahrt 😂

    Viel Spass in den San Blas – wenn ihr danach in den Pazifik geht können wir euch die SBM marina empfehlen.

    Liebe Grüsse,
    Thomas und Gabriela

    kivavera@bluewin.ch

    1. MariaNoa

      Technische Probleme gehören beim Segeln einfach dazu, auch wenn das Boot oder vielleicht gerade wenn, das Boot noch gar nicht so alt ist. Man repariert sich halt um die Welt. Nach unserem Blitzeinschlag hatten wir natürlich gehofft, dass jetzt alles OK ist. Dass nun gerade auch der Wassermacher kaputt ist, ist hier in San Blas schon besonders doff, weil es schwierig ist, an Wasser zu kommen. Im Wasser verbrauchen sind wir jetzt auch sehr sparsam geworden. Teilweise konnten wir nur mit Salzwasser duschen. Ersatzteile sollen nun aber unterwegs sein.
      Meint ihr die Shelter Bay Marina auf der Atlantikseite?

  2. Marion

    Unglaublich, was ihr auf der MariaNoa für Probleme zu bewältigen habt und super Hannes immer wieder eine Lösung findet! Hut ab! Abenteuer pur, und doch überwiegend tolle Erlebnisse und Eindrücke! Weiter so, ohne Hindernisse 😁

    1. MariaNoa

      hallo Marion, gutes technisches Know-How und Geschick ist wirklich zwingend notwendig auf so einer Reise. Jetzt genießen wir erstmal die Inselwelt in San Blas und dann gehen die Reparaturen munter weiter.

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